Kein Strafverfahren wegen „Fahren ohne gültigen Fahrschein“ im ÖPNV!
Antrag gemäß § 8 der Geschäftsordnung
1. Die Regionsversammlung weist die Regionsabgeordneten im Aufsichtsrat von üstra
und regiobus an, dafür zu sorgen, dass der Verkehrsbetrieb beim Fahren ohne gültigen Fahrschein kein Strafverfahren mehr beantragt.
2. Die Regionsverwaltung verhandelt mit den Betreibern der S-Bahn mit dem Ziel, beim
Fahren ohne Fahrschein kein Strafverfahren mehr zu beantragen.
3. Die Regionsversammlung lehnt die Kriminalisierung des „Erschleichens von
Leistungen“ im ÖPNV ab. Mit der ordnungsrechtlichen Erhöhung des Fahrtentgeldes
wird der Prävention vor widerrechtlichen Handeln ausreichend Genüge getan.
Begründung:
Laut § 265 a Strafgesetzbuch (StGB) wird das Fahren ohne gültigen Fahrschein als
Offizialdelikt betrachtet. Durch den Verweis auf die Vorschriften der §§ 247 und 248 a StGB
in § 265a Abs. 3 StGB handelt es sich in der Rechtspraxis um ein Antragsdelikt, weil der
Schaden der einzelnen Fahrt ohne Fahrschein die Bagatellgrenze von 50 Euro nicht
überschreitet.
Bisher beantragen die Verkehrsbetriebe das Strafverfahren zwar nur im Wiederholungsfall.
Davon sollten die Verkehrsunternehmen auch deshalb absehen, weil die weitaus meisten
Fahrten ohne Fahrschein durch wirtschaftliche Not verursacht werden. Tatsächlich zeigt eine
Studie aus Nordrhein-Westfalen von 2018: Das Delikt ist ein Prekariatsproblem. 58 Prozent
der Menschen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe in NRW verbüßen, sind langzeitarbeitslos, 21
Prozent obdachlos, 13 Prozent alkoholabhängig, 32 Prozent drogenabhängig. Bei 17 Prozent
ist eine Suizidgefährdung dokumentiert (zitiert nach taz-online „Wer zu arm ist, kommt in
den Knast“ vom 5.3.2019).Bei der Anstrengung eines Strafverfahrens wird jungen Menschen zudem die berufliche
Zukunft erschwert.
Bei Polizei und Justiz werden unnötige Ressourcen gebunden (knapp 25 % aller
Vermögensdelikte entfallen auf den § 265 a StGB).
Außerdem ist nicht einzusehen, dass widerrechtliches Parken straffrei ist, aber Fahren ohne
Fahrschein im Wiederholungsfall nicht.
Es ist dringend geboten, die Entkriminalisierung des Fahrens ohne Fahrschein auch in der
Region Hannover endlich anzugehen.
Ulrich Wolf
Regionsabgeordnete