Region Hannover als Drehscheibe für den Mülltourismus? Linksfraktion fragt nach

Enercity plant auf dem Gelände der Papenburg AG eine Müllverbrennungsanlage für Gewerbemüll in Misburg (vgl. HAZ vom 13.10.2022 „Enercity plant zweiten Müllofen für Hannover“). Eine solche Müllverbrennungsanlage hätte nicht nur Auswirkungen auf die Klimabilanz in der Region Hannover, es steht zu befürchten, dass die Region auch zur Drehscheibe des Mülltourismus wird.

Hintergrund: Der Betriebsleiter der MVA Lahe hat presseöffentlich erklärt, dass sämtlicher Restmüll, der nicht verwertet werden kann, derzeit in der MVA Lahe verbrannt wird. Die zweite MVA in Misburg würde somit ausschließlich Müll verbrennen, der außerhalb der Region Hannover entsteht und mittels Lkw-Verkehr in Hannover „angeliefert“ werden müsste. Damit verbunden wäre neben den zusätzlichen Schadstoffemissionen aus der MVA, ein massiver zusätzlicher Schadstoffausstoß allein durch die Müllfahrzeuge, die den Müll anliefern.

Dazu der umweltpolitische Sprecher der Linksfraktion Dr. Ulrich Wolf: Es ist völlig unklar, welcher Müll in der Anlage verbrannt werden soll. Die Firma Noris (Tochter der Papenburg AG) wirbt damit, dass auch Sonderabfall (im Volksmund als "Giftmüll" bekannt) angenommen wird. Die Anlage soll genau neben dem Betriebsgelände dieser Firma entstehen.

Bisher wurde in den zuständigen Fachausschüssen der Regionsversammlung die MVA in Misburg nicht erörtert. Dass Vorhaben MVA Misburg trifft jedoch bereits auf den Widerstand örtlicher Bürgerinitiativen (vgl. HAZ vom 9.3.2023 „Ist eine Mehrheit gegen den Müllofen?). Neben den umweltrechtlichen Bedenken, sieht die Linksfraktion auch die unternehmerische Ausgangslage des Projektes kritisch. Auf dem Gelände des Privatunternehmens Papenburg AG soll mit finanziellen Mitteln der Stadtwerke Hannover AG (Landeshauptstadt Hannover 51 Prozent Mehrheitsaktionär) eine MVA entstehen, auf der ggf. überwiegend der gewerbliche bzw. industrielle Abfall eines Tochterunternehmens der Papenburg AG (Fa. Noris) verbrannt werden soll.

Die Linksfraktion verweist darauf, dass laut der Energie- und Treibhausgasbilanz für die Region Hannover 2020 (Anlage zu 0730 (V) IDs), der Anteil des Stromverbrauchs der in der Region durch regenerative Energien gedeckt wird, mit 20 Prozent im Vergleich zu dem deutschlandweiten Vergleichswert von 52 %, äußert gering ist (vgl. Seite 9 der Treibhausbilanz). Der Ersatz von Kohlekraftwerken durch MVAs ist aus unserer Sicht nicht zielführend. Im Jahr 2020 wurden durch MVAs nur rund 3 Prozent des Stromverbrauchs in Hannover gedeckt.

Dazu führt Ulrich Wolf aus: „Die Energiegewinnung aus Müllverbrennungsanlagen wird zudem immer weiter zurückgehen, weil immer mehr Abfall recycelt oder auch in mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen weiterverarbeitet wird, d.h. auch aus energetischen Gründen ist das Setzen auf Müllverbrennungsanlagen zur Energiegewinnung auf längere Zeit nicht sinnvoll. MVAs sind, wie Kohlekraftwerke auch, CO2-Emittenten und daher ökologisch bedenklich.“