Mit dem neuen Betreuungsgeld „abgehängt“ von Anfang an?

Birgit Hundrieser, Sozialpolitische Sprecherin

Kommunen können Rechtsanspruch auf Krippenplatz nicht erfüllen!

Ab dem 1. August 2013 hat jedes Kind ab dem Alter von einem Jahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Die Zeit drängt und die schwarz-gelbe Koalition versucht nun, sich aus der Verantwortung zu ziehen: Weil Krippenplätze in vielen Kommunen nicht ausreichend zur Verfügung stehen, wird ab 2013, gleichzeitig mit dem neuen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, das neue „Betreuungsgeld“ eingeführt. Wer auf einen Betreuungsplatz für sein Kind verzichtet, soll zusätzlich zum Kindergeld monatlich 150 Euro pro Kind als Betreuungsgeld erhalten. Das Geld soll nicht auf den Regelsatz der ALGII-Leistungen oder auf das Erziehungsgeld angerechnet werden.

Der Gedanke, pro Kind 150 Euro anrechnungsfrei vom Staat zu bekommen und dafür sein Kind selbst zu betreuen, könnte von vielen Eltern als verlockender Rettungsanker zum wirtschaftlichen Überleben gesehen werden.

Genau darauf scheint unsere Bundesregierung zu hoffen: Aus ihrer finanziellen Not heraus werden Eltern dazu verführt, ihre Kinder von der Teilhabe am frühkindlichen Bildungssystem abzuhängen.

So werden gerade diejenigen, die durch Armut ohnehin schlechtere Lebensbedingungen und weniger Chancen haben, von früher Kindheit an vom Bildungssystem abgekoppelt. Diesen Kindern wird der gemeinsame Start ins frühkindliche Bildungssystem genommen. Besonders für Kinder aus sogenannten „schwierigen sozialen Verhältnissen“ besteht die Gefahr, dass sie bereits im Kindergartenalter das Entwicklungs-und Bildungsniveau von Gleichaltrigen nicht erreicht haben und dieses Defizit bis zum Schulbeginn nicht mehr aufholen können. Für die Kommunen bedeutet das: Die scheinbaren Einsparungen für nicht in Anspruch genommene Krippenplätze für unter Dreijährige werden ab dem Grundschulalter bis zum Ende der Schulpflicht doppelt und dreifach für die Sonderförderung bei Verhaltens-und Lernproblemen ausgegeben!

Von der Region Hannover jedoch sei die berechnete Nachfrage an Betreuungsplätzen für unter Dreijährige bis 2013 weitgehend zu erfüllen, wurde im Jugendhilfe-Ausschuss der Regionsversammlung berichtet. Ob diese Kalkulation die Verzichts-Erklärungen von Eltern beinhaltet, die sich gegen einen Krippenplatz und für das Betreuungsgeld entscheiden werden, wird im Vergleich von Nachfrage und Angebot wohl kaum erläutert werden. Bleibt nur zu hoffen, dass die Kinder von Eltern, die sich aus finanzieller Not heraus für das Betreuungsgeld entscheiden werden, beim Schulstart mit ihren AltersgenossInnen mithalten können!