Rede von Jessica Kaußen zur aktuellen Stunde am 06.02.2024

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrter Herr Regionspräsident,

mit Interesse haben wir den Antrag der Gruppe CDU FDP zur Kenntnis genommen zur Frage von Demokratie und Rechtsstaat eine aktuelle Stunde in dieser Versammlung zu beantragen. Richtig ist, dass das Treffen von AfD-Funktionären mit Mitglieder der identitären Bewegung die wahren Absichten der rechtsextremen AfD für alle sichtbar aufgezeigt hat.

Richtig ist aber auch, dass der Aufstieg der AfD ein Versagen eines weiten Spektrums politischer Kräfte ist, die jetzt mit der Mentalität „haltet den Dieb“ mit Fingern auf andere zeigen. Selbstkritisch muss hier auch die Linke anmerken, dass ihr politisches Angebot bisher auch nicht ausreichend ist, den Erfolg der Rechtspopulisten zu bremsen. Auch in unseren Reihen muss ein tiefes Nachdenken darüber beginnen, was nun zu tun ist.

Der Nährboden für das Erstarken der AfD ist die schlechte wirtschaftliche Situation in Deutschland. In Zeiten von Corona und Krieg in Europa haben sich die Bundesregierungen in diesem Land als unfähig erweisen, großen Herausforderungen gerecht zu werden. Statt die Schuldenbremse zu entsorgen, wird mit Nothaushalten operiert, die keiner gerichtlichen Überprüfung standhalten.

Statt die staatliche Infrastruktur mit den Milliarden der Reichen zu sanieren, wird die Bevölkerung mit unsinnigen Maßnahmen wie Gasumlage, Heizungsgesetz, Erhöhung des CO₂-Preises und Streichung der Agrarsubventionen traktiert. Am Ende werden die Ärmsten der Armen drangsaliert und die komplette Streichung des Bürgergeldes ermöglicht, wenn angeblich erträgliche Arbeit von Bürgergeldempfängern abgelehnt wird. Ideenloser können die Parteien über CDU, Grün bis SPD und FDP nun wirklich nicht mehr agieren.

Dieses politische Totalversagen der Bundesregierung und ihrer Vorgänger ist hauptverantwortlich für Angst, Wut und Frust in der Bevölkerung und daher für den Aufstieg der Rechten. Wer den Rechtsruck politisch bekämpfen will der sollte sich für einen starken Sozialstaat, den Erhalt gut bezahlter Arbeitsplätze, ein armutssicheres Rentensystem und eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums zugunsten der großen Mehrheit der Arbeiter und Angestellten in unserem Land einsetzen.

Auch kommunalpolitisch können wir da etwas tun: Keine weiteren Belastungen für Mieterinnen und Mieter durch Grundsteuererhöhungen, keine Schließungen von interkulturellen und sozialen Begegnungsstätten, ein öffentlich geförderter Bau von preiswertem Wohnraum, der für eine spürbare Entlastung auf dem Wohnungsmarkt sorgt. Eine auskömmliche Versorgung kranker Menschen in wohnortsnahen Krankenhäusern und ein öffentlicher Personennahverkehr der Pendler*innen sicher und verlässlich von A nach B bringt. Schlussendlich aber auch die finanzielle Entlastung der Kommunen durch einen Altschuldenfond. Für all diese Anliegen hat sich die Linke in dieser Versammlung eingesetzt. Alle Anliegen wurden von den bürgerlichen Parteien weggestimmt.

Mag der Antrag auf diese aktuelle Stunde gerechtfertigt sein oder nicht. Wichtiger wäre mir eine Innenschau aller Beteiligten, welchen Beitrag sie selber zum Aufstieg von Rechts geleistet haben.