LINKE gegen "Wiederaufbau" des Herrenhäuser Schlosses

Die verantwortlichen Politiker in Hannover haben sich über das „Geschenk“ der VW-Stiftung an die Stadt sehr gefreut. „Der Wiederaufbau des Herrenhäuser Schlosses für 20 Millionen Euro ist aber nicht nur unnötige Geldverschwendung, sondern zeugt auch von einem falschen Umgang mit historischen Orten und einem rückwärtsgewandten Geschichtsverständnis“, kritisiert dagegen Jeremy Krstic, Ratsherr der LINKEN in Hannover.

Hier wird nicht ein Baudenkmal historisch korrekt rekonstruiert, vielmehr nur die alte Fassade des Herrenhäuser Schlosses kopiert, während im Inneren ein modernes Tagungszentrum entsteht. So wird aus dem „Wiederaufbau“ eine Form der Gegenwartsflucht, der Versuch, eine heile Welt mit schönen Bildern vorzugaukeln, sagt Krstic. „Der undemokratische Charakter vergangener absolutistischer Herrschaft wird dabei bewusst ignoriert und die historisch-politische Dimension vollständig ausgeblendet.“ Das Schloss wurde 1943 bei einem britischen Bombenangriff zerstört. Auch die Lücke im Herrenhäuser Garten ist damit ein historisches Denkmal, eine Erinnerung an die nationalsozialistische Herrschaft und ihre Folgen. Diese Narbe auszulöschen, bedeutet somit die Verdrängung eines unangenehmen Aspekts hannoverscher Geschichte. Der „Wiederaufbau“ erweckt den Anschein, als sei die Zeit des Nationalsozialismus nur eine kurze Episode deutscher Geschichte, als knüpfe die moderne Demokratie der Bundesrepublik nahtlos an Traditionen aus der Zeit vor 1933 an. Diese Art der Geschichtsklitterung lehnt DIE LINKE entschieden ab.

Auch wirtschaftlich macht das als Ort für Konferenzen und Kongresse geplante Gebäude keinen Sinn, da es in Konkurrenz zum von der Stadt immer noch defizitär geführten Congress-Centrum stehen und dort zahlungskräftige Kundschaft abziehen wird. Und wenn hinter der Schlossfassade geschlossene Veranstaltungen stattfinden, wird der direkte Zutritt zum Großen Garten versperrt. Das normale Publikum hätte nur noch durch einen versteckten Nebeneingang Zutritt –das allerdings war im Absolutismus auch nicht besser geregelt.

Roter Faden, Ausgabe Mai 2008