Kosten Privatisierung S-Bahn-Verkehr Anfrage der Fraktion DIE LINKE und Antwort der Verwaltung

Sachverhalt

 

Die Region machte die Vergabe der S-Bahn-Leistungen an die Nordwestbahn resp. Transdev Hannover (TDH) fast nur vom Preis abhängig. Der spielte zu 98 Prozent die entscheidende Rolle. Es sollte durch den Betreiberwechsel Geld gespart werden, die Qualität der erbrachten Leistung zählte nur zu zwei Prozent. Für den Betreiberwechsel sind kostenträchtige anwaltliche Beraterverträge abgeschlossen worden.

 

Zugleich verzögerte sich die Übernahme des S-Bahn-Netzes durch Transdev, weil das Unternehmen wegen eines Rechtsstreits um die Vergabe erst spät seine neuen Fahrzeuge in Auftrag geben konnte. Ursprünglich war das S-Bahn-Netz nur bis Ende
Dezember 2020 an die DB Regio vergeben. DB Regio musste also gebeten werden, noch bis Juni 2022 weiter zu fahren. DB Regio hatte eine sehr gute Verhandlungsposition und konnte die Bedingungen diktieren. Auch dadurch sind hohe zusätzliche Kosten entstanden. Es ist deshalb an der Zeit zu prüfen, ob die erhofften finanziellen Einsparungen durch
den Betreiberwechsel auch tatsächlich eingetreten sind.

Vor diesem Hintergrund fragt die Linksfraktion die Verwaltung:

1. Wie hoch sollte das ursprünglich anvisierte finanzielle Einsparvolumen durch den Betreiberwechsel der S-Bahn-Leistungen ausfallen?

2. Wie viel Geld ist bisher für anwaltliche oder sonstige Beraterverträge
geflossen?

3. Wie viel Geld wird noch für anwaltliche und sonstige Beraterverträge ausgegeben werden?

4. Wie viel Geld ist bisher für die Finanzierung des Personalpools der TDH geflossen und wird noch fließen, um die Verkehrsleistungen der DB Regio auf der S-Bahn Hannover im Übergangszeitraum vom Dezember 2020 bis zum Juni 2022 zu sichern?

Welche zusätzlichen Kosten sind durch die verzögerteBetriebsaufnahme durch Transdev entstanden?

5. Welche weiteren finanziellen Risiken bestehen resp. sind bereits finanziell wirksam geworden?

6. Wenn man die bisherigen und zukünftigen Kosten des Betreiberwechsels einbezieht, um wie viel wird das finanzielle Einsparvolumen geringer ausfallen als geplant?

7. Oder wird durch den Betreiberwechsel kaum oder keine finanzielle Einsparung realisiert?

Beantwortung der Verwaltung:

Die Region Hannover, die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH und der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe als zuständige Aufgabenträger haben die Leistungen der Personenbeförderung im Schienenpersonennahverkehr
(SPNV) im Netz der S-Bahn Hannover in einem europaweiten Vergabeverfahren vergeben. Europarechtliche und damit auch bundesrechtliche Regelungen schreiben die Vergabe dieser Leistungen im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung
zwingend vor. Anders als in der Anfrage vermutet, haben die Aufgabenträger die Vergabe der Leistungen nicht allein vom Preis abhängig gemacht. In den Ausschreibungsunterlagen haben die Aufgabenträger zahlreiche Vorgaben zur geforderten Leistung und den dabei zu erbringenden Qualitäten gemacht. Dabei wurde im Vergleich zur bisherigen Situation erhöhte Qualitätsstandards gesetzt, indem u.a. mehr Platzkapazitäten, die Ausstattung mit WLAN sowie Zugbegleitung in allen Zügen vorgegeben wurden. Angebote, die diese hohen Qualitätsanforderungen nicht erfüllt hätten, wären im Verfahren erst gar nicht zur Wertung zugelassen worden. Eine Wertung von weitergehenden Qualitäten, die aus Sicht der Aufgabenträger weder sinnvoll noch finanzierbar gewesen wären, ist daher auch folgerichtig unterblieben.

Die erste Ausschreibungswelle im SPNV nach der Regionalisierung im Jahr 1996 führte zu Einsparungen und einer Preiskorrektur der überteuerten Altverträge mit DB Regio. In diesem Zusammenhang hat auch die erste Vergabe der S-Bahnleistungen
zu einer deutlichen Reduzierung der Zuschussleistungen der Region Hannover geführt. Ziel der Vergabe des Anschlussvertrages war aber zu keinem Zeitpunkt eine
weitere Reduzierung der Zuschussleistungen. Das wäre auch völlig unrealistisch gewesen, da eine höhere Qualität und mehr Beförderungsleistungen gefordert wurden. Das Vergabeverfahren zielte darauf ab, eine möglichst hohe Rechtssicherheit der vergaberechtlichen Vorgaben sicherzustellen. Insbesondere inden rechtlichen Auseinandersetzungen mit dem Altbetreiber im Vergabeverfahren, die ausschließlich positiv für die Aufgabenträger ausgingen, konnten dadurch erhebliche finanzielle Nachteile für die Aufgabenträger abgewendet werden.Nach Prüfung der eingegangenen Angebote in dem nichtöffentlichenVergabeverfahren S-Bahn Hannover wurde der Zuschlag gemäß den vergaberechtlichen Vorschriften auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Über die bereits erwähnten Mindestanforderungen an die Qualität der Leistung hinaus wurden dabei zusätzlich auch Qualitätskriterien berücksichtigt.

Für die Betreuung des Vergabeverfahrens, der Verhandlungen über die Beschaffung von Neufahrzeugen und des anschließenden Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer Lüneburg und dem OLG Celle war eine umfassende rechtliche Beratung notwendig. Die für die Begleitung eines solchen komplexen Verfahrens notwendigen Ressourcen stehen bei der Region nicht zur Verfügung. Deshalb wurde für die Rechtsberatung im Februar 2021 eine Auftragsobergrenze von 1.570.000 € durch die Regionsversammlung beschlossen (siehe 4074 (IV) BDs). Zusätzlich zu den mit dem Vergabeverfahren notwendigen Aufwendungen wurde ein Personalpool entwickelt, um die Leistungen im Netz der S-Bahn auch im Übergangszeitraum zwischen dem Auslaufen des Vertrages mit der DB Regio im
Dezember 2020 und der vollständigen Betriebsaufnahme durch die Transdev Hannover (TDH) im Juni 2022 zu sichern. Die TDH stellt durch eine vorgezogene Ausbildung ihre Personale der DB Regio während der Übergangszeit der DB Regio für die Übergangszeit zur Verfügung. Für die vorgezogene Ausbildung bei der TDH und Kosten durch Corona entstehen für die Aufgabenträger inmalkosten in Höhe von 5,5 Mio. €. Darüber hinaus entstehen für den Einsatz dieser Personale in der Zeit von Dez. 2020 bis Juni 2022 jährliche Personalkosten in Höhe von etwa 5,4 Mio. Euro. Die konkreten Kosten werden auf Nachweis der jeweiligen Einsätze erstattet
und können dementsprechend von den prognostizierten Kosten abweichen.